Häufige Fragen und Antworten zu Kennwerten für den Störlichtbogenschutz

  • C1 - Wie unterscheiden sich Kennwerte des Lichtbogenschutzes wie ATPV und APC?

    Beide Prüfverfahren und Prüfergebnisse sind nicht miteinander vergleichbar, da die Prüflichtbogen beider Verfahren sich völlig unterschiedlich ausbilden und auch wirken.

    Es gibt verschiedene Kennwerte für den Störlichtbogenschutz durch Persönliche Schutzausrüstungen gegen die thermischen Gefahren eines Störlichtbogens (PSAgS), die in Zusammenhang mit den beiden international harmonisierten Prüfverfahren (Anhang A2), dem Open-Arc-Test (auch ATPV-Test genannt) und dem Box-Test, stehen.

    ATPV-Werte (ATPV steht für Arc Thermal Performance Value) sind Kennwerte, die in einem Prüfverfahren gefunden werden, das seinen Ursprung in Nordamerika hat. In diesem Prüfverfahren, dem Open-Arc-Test, wird ein Prüflichtbogen in einer offenen Elektrodenanordnung erzeugt, der sich deutlich von dem des Box-Tests unterscheidet. Der Prüflichtbogen ist 300 mm lang (Elektrodenabstand) und wird zwischen Stahlelektroden bei einem prospektiven Prüfstrom von 8 kA gezündet, wofür eine treibende Spannung von 3…8 kV eingestellt werden muss. Im Vergleich dazu besitzt der Prüflichtbogen beim Box-Test, der Grundlage der DGUV I 203-077 ist, eine Länge von 30 mm (Elektrodenabstand) bei einer Prüfspannung von 400 V.

    Der ATPV entspricht der Einwirkenergie, die unter den genannten Prüfbedingungen in einer Prüfserie durch Variation der Prüfdauer als 50%ige Wahrscheinlichkeit für das Einsetzen von Hautverbrennungen 2. Grades ermittelt wird. Die Lichtbogenschutzklasse APC (Arc Protection Class) kennzeichnet dagegen eine Kategorie des Lichtbogenschutzes und ist durch eine im Boxtest fest eingestellte Prüfenergie gekennzeichnet (Anhang A 2.2).

    Bei dem langen Lichtbogen des Open-Arc-Tests mit allseitiger Wirkung ist der Strahlungsanteil größer, bei der Boxtestanordnung ist der Konvektionsanteil, das heißt, die Hitzeübertragung durch die Wirkung einer gerichteten Gas- und Plasmaströmung („Gaskeule“) intensiver. Selbst wenn die entstehenden thermischen Einwirkenergien physikalisch in beiden Verfahren die gleiche Maßeinheit besitzen, darf man sie aufgrund der oben beschriebenen Unterschiede in den Prüfverfahren nicht ineinander umrechnen. Das bedeutet: es gibt keine allgemeingültige Entsprechung zwischen ATPV und APC!

    Die DGUV I 203 077 basiert auf dem Box-Test-Verfahren. In Nordamerika gibt es eine Reihe von Auswahlverfahren für PSAgS, die auf dem ATPV als Ergebnis des Open-Arc-Tests beruhen, z. B. IEEE 1584, NFPA 70E. Als Auswahlverfahren auf Grundlage der Lichtbogenschutzklassen (APC) des Box-Tests existiert dagegen nur die DGUV-I 203-077.

  • C2 - Welche Kennwerte werden im DGUV-I-Verfahren benötigt?

    In den Verfahren der DGUV Information zur Bestimmung der Erwartungswerte der Lichtbogenenergie (Abschnitt 4 und Anhang A 3.4) geht man für den AC-Bereich immer vom dreipoligen Kurzschluss aus, da sich entstehende Störlichtbögen unter praktisch relevanten Bedingungen in der Regel in wenigen Millisekunden zu einem dreipoligen Lichtbogenfehler entwickeln.

    Der minimale Kurzschlussstrom IkLB, der für die Abschaltzeiten der Schutzeinrichtungen relevant ist, ergibt sich unter Berücksichtigung des Strombegrenzungsfaktors kB aus dem minimalen dreipoligen prospektiven Kurzschlussstrom I“k3 min: IkLB = kB x I“k3 min. Mit diesem Strom wird die Ausschaltzeit aus den Schutz-, Ausschalt- bzw. Auslöse-Kennlinien der dem Fehlerort vorgelagerten Schalt- und Schutzeinrichtungen ermittelt.

    Die zu erwartende Lichtbogenleistung wird ebenfalls mittels einer Hilfsgröße, der bezogenen Lichtbogenleistung kP aus der Kurzschlussleistung des Netzes am Fehlerort bestimmt. Bei der Netzkurzschlussleistung geht man vom ungünstigsten Fall aus: man berechnet sie mit Hilfe des maximalen dreipoligen prospektiven Kurzschlussstroms I“k3 max.

    In DC-Systemen gelten analoge Überlegungen in übertragenem Sinne. Eingangsgrößen sind die prospektiven (metallischen) Dauerkurzschlussströme.