Prävention / Politik / EU/Internationales 3/2025

REACH-Reform: Schutz, aber mit Augenmaß!

Zwei Feuerwehrleute in vollständiger Schutzausrüstung und Atemschutzmasken stehen vor einem Einsatzfahrzeug. Eine Person hilft der anderen beim Anlegen oder Überprüfen der Atemmaske.

PFAS werden auch bei persönlicher Schutzausrüstung wie Atemschutz, Handschuhe und schützenden Textilien verwendet – ein Verbot oder eine Beschränkung würde sich negativ auf den Arbeitsschutz auswirken (©Gerhard Seybert - stock.adobe.com)

Die REACH-Verordnung schützt Menschen und Umwelt vor gefährlichen Chemikalien. Nun soll diese überarbeitet werden. Die Deutsche Sozialversicherung Europavertretung (DSV) positioniert sich zu den geplanten Änderungen. Sie fordert, Risiken mit bewährten Präventionsmaßnahmen wirksam zu steuern, statt Chemikalien pauschal zu verbieten.

Die REACH-Verordnung regelt seit 2007 die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien in der Europäischen Union. Mit der nun anstehenden Überarbeitung verfolgt die EU das Ziel, Bürokratie abzubauen, die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern und dabei den hohen Schutzstandard aufrechtzuerhalten. Das Gesetzgebungsverfahren wird Ende des Jahres erwartet. Die DSV, die die Interessen der deutschen Sozialversicherungsträger, einschließlich die der gesetzlichen Unfallversicherung, auf europäischer Ebene vertritt, äußerte sich zu den geplanten Änderungen.

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Ilka Wölfle
Ilka Wölfle, Direktorin der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung in Brüssel (DSV). Bild: Jan Röhl
Die DSV begrüßt ausdrücklich, dass die EU-Kommission den Schutz der menschlichen Gesundheit weiter verbessern möchte. Kritisch bewertet sie den geplanten gefahrenbasierten Ansatz in gewerblichen Anwendungen. „Ein solcher Ansatz orientiert sich allein an den Eigenschaften eines Stoffs, ohne den tatsächlichen Umgang oder die vorhandenen Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Die Konsequenz daraus könnte sein, dass ganze Stoffgruppen – unabhängig von ihrem tatsächlichen Risiko und den vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen – verboten werden“, betont Ilka Wölfle, Direktorin der DSV.

So wäre beispielsweise im Gesundheitsdienst die Flächendesinfektion mit formaldehydhaltigen Reinigern oder Sterilisationen mit Ethylenoxid nicht mehr erlaubt. Beide Stoffe sind als krebserzeugend eingestuft. Auch ein Abbau von Asbest – wie von der EU geplant – wäre nicht möglich. Aus Sicht des Arbeitsschutzes ist das jedoch nicht notwendig, denn es gibt geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen, die die Arbeit mit den Stoffen ermöglichen.

PFAS differenziert betrachten

Ein weiteres Beispiel ist der Umgang mit Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS). Diese Stoffe sind langlebig und stabil und daher in der Industrie weit verbreitet. Im Arbeitsschutz werden PFAS in persönlicher Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Schutzhandschuhen und Textilien mit Schutzfunktionen verwendet. Auch bei Zukunftstechnologien sind sie ein wichtiger Bestandteil in Solarpaneelen, Wärmepumpen, Windkraftanlagen sowie Akkumulatoren für Elektromobilität. Mehr als 10.000 Stoffe zählen zu PFAS, doch nur 50 können für Menschen gefährlich werden. „Ein pauschales Verbot oder eine Beschränkung sind nicht das richtige Mittel. Wichtiger sind eine differenzierte Betrachtung, eine Nutzen-Risiko-Analyse und die Forschung zu PFAS voranzutreiben“, erklärt Ilka Wölfle. Daher begrüßt sie den vom EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné kürzlich ausgesprochenen Appell, PFAS in einem ersten Schritt in lebensmittelnahen Produkten zu verbieten.

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Ein pauschales Verbot oder eine Beschränkung sind nicht das richtige Mittel. Wichtiger sind eine differenzierte Betrachtung, eine Nutzen-Risiko-Analyse und die Forschung zu PFAS voranzutreiben.

Ilka Wölfle

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ECHA stärken, Kommunikation verbessern

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hilft unter anderem Unternehmen, die REACH-Vorschriften einzuhalten. Die DSV unterstützt die geplante Stärkung der Agentur, fordert aber eine Unabhängigkeit der Behörde und ausreichende personelle Ressourcen. Eine enge Kooperation mit der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) ist ebenso wichtig.

Zusätzlich sollte das EU-Sicherheitsdatenblatt praxisnäher gestaltet werden. Als zentrales Kommunikationsmittel entlang der Lieferkette muss es verständliche und nutzerfreundliche Informationen liefern.

Weitere Informationen:

Positionspapier der DSV zur REACH-Verordnung
Positionspapier der DGUV zu PFAS

GUT ZU WISSEN

EU-Sicherheitsdatenblatt

Das Sicherheitsdatenblatt (SDB) ist eine verpflichtende Informationsquelle für gefährliche chemische Stoffe und Gemische gemäß der REACH-Verordnung. Es muss vom Hersteller, Importeur oder Inverkehrbringer erstellt und aktuell gehalten werden.

Das SDB enthält Angaben zu Gefahren, sicheren Handhabungsmaßnahmen, Erste Hilfe, Lagerung und Entsorgung. Für Betriebe ist es ein wesentliches Instrument des Arbeitsschutzes. Die ECHA stellt dafür umfangreiche Hilfestellungen, Vorlagen und eine zentrale Stoffdatenbank bereit – und sorgt so für einheitliche Standards im europäischen Chemikalienrecht.

Weitere Informationen zum Sicherheitsdatenblatt

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