Handlungs- und Entscheidungsspielraum

Praxisbeispiel

Eine gut ausgebildete Versicherungskauffrau Carola T. soll Schadensmeldungen nach den Vorschlägen der hausinternen KI bearbeiten. Vormals prüfte sie die Hintergründe des Sachverhalts und hatte Handlungs- und Entscheidungsspielräume bei der Schadenregulierung. Nunmehr hat sie keinen Einfluss mehr auf den Arbeitsinhalt, die Arbeitsmethode, die Handlungs- und Entscheidungsspielräume sind ihr von der KI vorgegeben. Auf der Teamsitzung spricht Frau T. ihre Unzufriedenheit mit der KI-unterstützten Arbeit an und bittet um eine Neuorganisation der Arbeitsabläufe, sodass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen wieder mehr Handlungs- und Entscheidungsspielräume erhalten.


Mögliche Gefährdungen

Frau T. fühlt sich einerseits unterfordert und unterhalb ihrer Qualifikation eingesetzt, ande­rerseits fühlt sie sich kontrolliert, ohne jedoch das Ergebnis ihrer Vorgangsbearbeitung zu kennen. Das Erleben, dass eine vormals interessante und abwechslungsreiche Tätigkeit nun automatisiert und von der KI übernommen wurde, wird als Sinnverlust und Degradierung empfunden. Die bisher vollständige Tätigkeit ist nunmehr durch Monotonie geprägt. Langfristig kann dauerhafte Unterforderung und geringe Gestaltungsspielräume zu physischen und psychischen Beeinträchtigungen führen.


Schutzziele

Die Tätigkeit soll so gestaltet werden, dass angemessene Handlungs- und Entscheidungsspielräume erhalten bleiben. Die KI soll die Sachbearbeitung unterstützen, nicht ersetzen.


Beispielhafte Maßnahmen

In der Reihenfolge S-T-O-P soll geprüft werden, ob es passende Maßnahmen zum Schutz vor einer Gefährdung gibt.

Substitution

  • In diesem Beispiel wurden keine substituierenden Maßnahmen getroffen.

Technische Maßnahmen

  • Die KI unterstützt sie bei den Fall-Recherchen und der Analyse des Foto- und Filmmaterials.

Organisatorische Maßnahmen

  • Gemeinsam mit den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern wird ein verbesserter Einsatz der KI-Software erarbeitet.
  • Die Schadens-Sachbearbeiterinnen und -Sachbearbeiter erhalten das Ergebnis ihrer Vorprüfung und die Information, was die KI aus dieser Bearbeitung "gelernt hat" im Vergleich auf ihren Bildschirm. Sie haben Einfluss auf die Weiterentwicklung bzw. das Lernen der KI; die Algorithmen sind transparent.

Personenbezogene Maßnahmen

  • Frau T. und ihre Kolleginnen und Kollegen werden ausreichend zum Umgang mit der KI qualifiziert und lernen diese gewinnbringend für Ihre Arbeit einzusetzen. Sie lernen die Entscheidungs-Algorithmen der KI kennen, sodass sie die Entscheidungs-Empfehlungen der KI gut einordnen und bewerten können.
  • Darauf aufbauend wird ein Einarbeitungs-Konzept für neue Teammitglieder entwickelt.