• Zwei techn. Assistentinnen arbeiten in der IPA-Biobank

IPA Journal 02/2025

Blick in die Biobank des IPA

Schatzkammer für die arbeitsmedizinische Forschung

In der Biobank des IPA lagern für die Beantwortung arbeitsmedizinischer Forschungsfragen in der Gegenwart und Zukunft hunderttausende hochwertiger Proben. Der Umgang mit diesen sowie die Verwaltung der zugehörigen Daten sind komplexe Aufgabenfelder. Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die Arbeitspraxis der IPA-Biobank.

Die Biobank des IPA ist eine unverzichtbare Infrastruktur für die moderne Präventionsforschung. Sie lagert, verwaltet und stellt insgesamt rund 350.000 Biomaterialproben für wissenschaftliche Analysen bereit. Bei den Proben handelt es sich um menschliches Biomaterial wie Gewebe, Blut, Urin und Speichel.

Das Probenmaterial stammt von Personen, die an einem Forschungsprojekt des IPA teilgenommen und ihre Einwilligung zur langfristigen Lagerung und weiteren Verwendung ihrer Probe für aktuelle sowie spätere Forschungszwecke gegeben haben. Somit leisten die Spenderinnen und Spender einen essenziellen Beitrag zur Gesundheitsforschung.

Als eine von sehr wenigen Biobanken weltweit ist die des IPA auf arbeitsmedizinische Fragestellungen spezialisiert. Durch die Probensammlung in diesem Kontext entstehen einzigartige Kollektive. „Das Besondere an der Biobank des IPA ist, dass hier gezielt Proben und Daten von Personen mit speziellem beruflichem Bezug aufbewahrt werden“, sagt Prof. Dr. Thomas Behrens, Leiter der IPA-Biobank. Studienteilnehmende, die an ihrem Arbeitsplatz bestimmten Belastungen wie Chemikalien oder Allergenen ausgesetzt sind, haben biologische Proben von sich im Rahmen von Studien zur Verfügung gestellt. „Die Informationen über die berufliche Tätigkeit können mit denen der Probe verknüpft werden“, so Prof. Behrens. „Hierdurch können wir wertvolle Erkenntnisse für die Ursachenforschung von berufsbedingten Gesundheitsgefahren gewinnen.“

Die Biobank am IPA ermöglicht es, die Auswirkungen von gesundheitlichen Risikofaktoren am Arbeitsplatz zu erforschen und geeignete Präventionsmaßnahmen zu entwickeln.

Die Proben wurden nach Abschluss verschiedener Forschungsprojekte eingelagert und ergeben so bislang zehn einzelne arbeitsmedizinische Biobank-Sammlungen. Darunter sind zum Beispiel Probenkollektive aus Studien zur Früherkennung von berufsbedingten Tumoren der Lungen und der Pleura oder der Harnblase mittels eines Biomarkeransatzes.

Lagerung bei extrem niedrigen Temperaturen

Manche der Proben, darunter paraffinierte Gewebeschnitte und Haarproben, lagern bei Raumtemperatur. Die meisten Biomaterial-Proben benötigen jedoch eine konstante, tiefe Kühlung, um langfristig ohne Qualitätsverluste für Forschungszwecke verwendbar zu sein. 2020 wurde ein Kryolager mit automatisierter Probenhandhabung am IPA in Betrieb genommen. Hierbei handelt es sich um einen hochmodernen und digital gesteuerten Aufbewahrungsort für die ultratiefgekühlte Lagerung von Proben. Der Begriff „Kryo“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Kälte“ – passend zur Methode, mit der die Proben hier bei extrem niedrigen Temperaturen konserviert werden: nämlich bei −150 bis −185 °C in der Gasphase von Flüssigstickstoff.

Im Kryolager des IPA betreuen die beiden Technischen Angestellten Kerstin Nöfer und Sandra Schonefeld die Einlagerung und Verwaltung eines Teils der Proben. Die Einlagerung im Kryolager ist platzsparend und ermöglicht neben einer qualitätsgesicherten auch eine energetisch effiziente Lagerung. Zudem gewährleistet sie durch standardisiertes Arbeiten eine erhöhte Probenqualität sowie eine geschlossene Kühlkette in tiefen Temperaturbereichen.

Das Kryolager besteht aktuell aus insgesamt drei Modulen, sogenannten Tanks. In ihnen lagern jeweils tausende kleine Probenröhrchen. Dabei handelt es sich jedoch jeweils nicht um die vollständige Probe eines Studienteilnehmenden: Vor der Einlagerung wird jede Probe maschinell in viele kleine Probenportionen, sogenannte Aliquots, aufgeteilt. So können Teilmengen einer Probe für verschiedene Untersuchungen verwendet werden, ohne das ursprüngliche Material wiederholt öffnen und so Qualitätsverluste riskieren zu müssen.

Arbeit im hochmodernen Kryolager

„Die im Tank befindlichen Einheiten zur Lagerung sind auf verschiedenen Ebenen in tortenstückähnlichen Elementen angeordnet“, erklärt Kerstin Nöfer. Wird mithilfe eines speziellen Computerprogramms eine Probe identifiziert und ihre automatisierte Herausgabe beauftragt, bewegt sich aus den sieben runden Etagen ein „Tortenstück“ nach oben und ein Greifarm zieht die ausgewählte Probe heraus. „Den Kryolager-Tank kann man sich auch wie einen großen Kühlschrank vorstellen, in den ein Roboter greift“, so Thomas Behrens. Um die einzelnen Proben jederzeit ihrem Datensatz im Computersystem zuordnen zu können, sind diese jeweils mit einem individuellen Barcode versehen.

Bei den Arbeiten im Kryolager steht der Umgang mit den Proben im Vordergrund: Erstmalig hier einzulagernde Proben werden auf Trockeneis angeliefert und können dann mittels der entsprechenden Technik und fachkundigen Vorbereitung in den Kryotank überführt werden.

„Die Etablierung des Kryolagers stellte eine bedeutende Herausforderung dar, insbesondere in Hinblick auf die Einrichtung im Betrieb“, sagt Sandra Schonefeld. „Unser langfristiges Ziel besteht darin, eine automatisierte Einlagerung von einem großen Probenaufkommen zu ermöglichen. Dadurch würde die Probenlagerung effizienter und unabhängiger.“

An einem solchen Arbeitsplatz sind auch Maßnahmen zur Arbeitssicherheit unerlässlich: Um sie zu gewährleisten, arbeiten immer mindestens zwei Personen gleichzeitig im Kryolager. Zudem sind eine funktionierende Belüftung und das Tragen von Schutzkleidung – etwa wie Handschuhe und Schutzbrille – zwingend erforderlich. Zusätzlich sind für das Kryolager umfangreiche technische Überwachungsanlagen installiert.

Probe wird erst mit zugehörigen Daten wissenschaftlich wertvoll

Neben den sorgfältig eingelagerten Proben besteht eine Biobank aus den jeweils zugehörigen, qualitativ hochwertigen Daten. Ihre systematische Erfassung,langfristige Speicherung sowie Verwaltung und Bereitstellung ist entscheidender Bestandteil einer Biobank.

„Die Proben wären ohne diese Daten bei uns nichts wert“, betont Diplom-Statistikerin Antje Müller. Sie betreut die Biobank des IPA unter anderem im Hinblick auf das Datenmanagement. „Von großer Bedeutung ist, dass die zur Probe gehörigen Informationen, zum Beispiel zur Probenverarbeitung, zu Mess- und Analysewerten und zur beruflichen Exposition nach einheitlichen Standards erfasst und umfassend dokumentiert werden, um sie mit anderen Sammlungen vergleichen und auch noch nach Jahren oder Jahrzehnten zuverlässig interpretieren zu können“, so Müller.

Biobank-Software von zentraler Bedeutung

Jede Probe der IPA-Biobank ist innerhalb des Biobank-Informationssystems (BIMS) erfasst. Erst durch diese Softwarelösung wird eine qualitätssichernde Probenverwaltung möglich. Das Probenverwaltungssystem speichert Basisinformationen wie Barcode, Materialtyp, Gefäß, Lagerort und Status. Weitere Informationen, beispielsweise zu beruflichen Expositionen, aber auch zu Faktoren wie Geschlecht, Alter, Rauchstatus und anderen Risikofaktoren können unter Berücksichtigung eines detaillierten Datenschutzkonzeptes ebenfalls in die Analyse einfließen. Um auch die Qualitätsparameter der Proben entsprechend berücksichtigen zu können, dokumentiert das BIMS sämtliche Stationen im Lebenszyklus eines Biomaterials – einschließlich Datum, Uhrzeit, Begründung und elektronischer Benutzersignatur. Dazu zählen beispielsweise der Transport zwischen Institutionen, Laborprozesse oder die Erfassung von Auftauzyklen.

Zudem regelt das BIMS Arbeits- und Dokumentationsprozesse, ermöglicht automatische Protokollierungen und organisiert den Zugriff der Forschenden über ein differenziertes Berechtigungskonzept. Weitere wichtige Software-Elemente sind flexible Recherchewerkzeuge wie einstellbare Suchmasken oder eine individuell konfigurierbare Benutzeroberfläche. Erst sie ermöglichen Forschenden die individuelle Recherche nach bestimmten Proben.

Datenschutz und Qualitätsmanagement

Bei der Speicherung von den Proben zugehörigen Daten ist der datenschutzrechtlich abgesicherte Umgang mit Spenderinformationen unverzichtbar. Deshalb werden die Proben einzelner Biobanksammlungen über für die Forscherinnen und Forscher nicht identifizierbare Barcodes verwaltet. In der Biobank – ebenso wie in den laufenden Forschungsprojekten – erfolgt eine getrennte Speicherung von Identitätsdaten der Spenderinnen und Spender. Das bedeutet: Name, Geburtsdatum und Anschrift werden über eine treuhänderisch tätige Person verwaltet oder gelöscht. So werden sie gesondert von medizinischen Daten, Analysedaten und Organisationsdaten des Biomaterials gespeichert.

Eine wichtige Funktion bei der Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Biobank kommt dem Qualitätsmanagement zu. Zu den Aufgaben gehört unter anderem die Entwicklung von generellen Leitfäden und sogenannten Standard Operating Procedures (SOPs). Bei ihnen handelt es sich um definierte und standardisierte Vorgehensweisen, wie beispielsweise für den Umgang mit Proben, für Dokumentationsverfahren und die Aufklärung von Spenderinnen und Spender.

Die aus der Forschung in der Biobank gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es, arbeitsmedizinische Fragestellungen zu beantworten und die Entstehung berufsbedingter Erkrankungen tiefergehend zu verstehen. Solche könnten in Zukunft durch entsprechende Präventionsmaßnahmen vermieden, früher diagnostiziert und besser behandelt werden.

Kurz gefasst

Die Biobank des IPA zählt weltweit zu den wenigen Biobanken, die auf arbeitsmedizinische Fragestellungen spezialisiert sind.

Sie lagert Biomaterialproben aus Studien und verwaltet die zugehörigen Daten, um berufsbedingte Erkrankungen heute und künftig erforschen zu können.

Grundlage dafür sind qualifiziertes Personal, moderne technische Anlagen für die Probenlagerung, spezialisierte Software sowie ein umfassendes Datenschutz- und Qualitätsmanagement.

Aktuelle Biobank-Sammlungen als Teil der IPA-Biobank

PURE Lunge 1 – Früherkennung von Lungentumoren und Mesotheliomen

PURE Lunge 2 – Verifizierung von Biomarkern für die Früherkennung von Lungenkrebs und Mesotheliomen

MoMar – Identifizierung und Verifizierung von Biomarkern zur Früherkennung von Mesotheliomen und Lungentumoren

LD-HRCT – Früherkennung von Lungenkrebs und Mesotheliomen

PURE Harnblase – Früherkennung von Harnblasentumoren

UroFollow PURE – Marker-gestützte Nachsorge von Patienten mit nicht-muskelinvasiven low/intermediate-risk Harnblasentumoren

UROSpec – Validierung von Biomarkern zur Früherkennung von Harnblasenkrebs

Schichtarbeit – Ermittlung von Indikatoren der Beanspruchung durch Schicht- und Nachtarbeit

Licht & Schicht – Interventionsstudie zu kurz- und langzeitlichen gesundheitlichen Auswirkungen von dynamischer Beleuchtung am Arbeitsplatz und individualisierten, handybasierten Lichtempfehlungen bei Schichtarbeitern

HBM-Feuerwehr – Humanbiomonitoring von Feuerwehreinsatzkräften bei Realbränden

Kontakt

Autorin
Nina Bürger
IPA

Fachliche Ansprechperson
Dipl.-Stat. Antje Müller
IPA

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